Aus diesem Anlass präsentiert die Universitätsbibliothek Heidelberg in Zusammenarbeit mit dem Institut für Textkritik e.V. und dem Germanistischen Seminar der Universität eine Ausstellung. Die Eröffnung findet heute, am Dienstag, 27. Mai 2008, um 18 Uhr statt.

Bei der Eröffnungsveranstaltung im Vortragsraum der Bibliothek sprachen Alfred Bodenheimer, Rektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, und Veit Probst, Direktor der Universitätsbibliothek, Grußworte. Die Kuratoren und Kafka-Herausgeber Roland Reuß und Peter Staengle gaben einführende Vorträge zum Jubiläum „125 Jahre Franz Kafka“ und zum Konzept der Ausstellung, Reuß schilderte in seiner Einführung die großen Linien der Kafka-Rezeption, die „geprägt ist von einer ungewöhnlichen Publikationsgeschichte, einem postumen Popularitätsschub und Versuchen der Einordnung in verschiedenste Traditionen und zeitgenössische Strömungen“. Vor allem aber sei sie bis auf den heutigen Tag geprägt von Klischees, betonte er: „Kafka ist nicht der düstere Autor als der er häufig dargestellt wird. Was ich persönlich an ihm schätze ist unter anderem gerade sein Humor.“ Wovon Reuß die Anwesenden im überfüllten Saal sogleich durch den Vortrag einer Kafka’schen Prosaskizze aufs Schönste überzeugte. Staengle dankte den vielen privaten und institutionellen Leihgebern und erläuterte das Konzept der Ausstellung. Sie sei keine auf das private Leben konzentrierte „Personality-Show“, die gängige Bilder vom Autor bestätigen wolle, sondern eine „Ausstellung für Leser“, die hier einen Einblick in das Schaffen des Schriftstellers bekommen könnten. Entstehung und Publikationswege einzelner Texte würden so transparent gemacht werden. Peter Staengle ist, wie Roland Reuß, Editor der kritischen Kafka-Ausgabe und hatte zur Vorbereitung der Ausstellung so Zugriff auf Dokumente, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind.

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Rund 250 Exponate, darunter seltene Erstausgaben und ein von Kafka eigenhändig signiertes Widmungsexemplar, vergegenwärtigen die komplexe Werkgeschichte von den frühesten Publikationen bis hin zu den großen Erzählungen und den drei aus dem Nachlass herausgegebenen Romanentwürfen. „Im Mittelpunkt der Ausstellung“, so Peter Staengle, der die Ausstellung gemeinsam mit Roland Reuß kuratiert, „steht Franz Kafka als Schriftsteller. Der Produktionsprozess seiner Werke von der ersten Handschrift über Korrekturen bis zum gedruckten Buch wird anschaulich gemacht.“ Die Ausstellung führt ein in Kafkas Werkstatt und möchte zur Lektüre verführen. Zahlreiche, hier erstmals gezeigte Manuskripte, Drucke aus entlegenen Zeitungen und Almanachen sowie Erstveröffentlichungen in verschiedenen Auflagen erzählen die Entstehung der einzelnen Texte. Verdeutlicht wird ihre Präsenz auf dem zeitgenössischen Buchmarkt, dem der publikationsscheue Autor, der zu Lebzeiten lediglich sieben zumeist schmale Bände publiziert hat, skeptisch gegenübergestanden ist. Im Kontrast zu den gängigen Leseausgaben, aus denen man Kafka bisher kannte, entsteht so ein sehr viel differenzierteres Bild.

Die Verwobenheit von schriftstellerischem Schaffen und den Lebensumständen der Autors skizziert die Ausstellung in einem Panorama aus Fotografien, Briefen und Dokumenten. Im Zentrum die für Kafkas Schreiben und seinen späteren Weltruhm maßgebliche Freundschaft mit Max Brod, das Verhältnis zur Verlobten Felice Bauer und der Kontakt mit seinem Verleger Kurt Wolff. Kafkas Ausbildung und seine Arbeit als Versicherungsbeamter werden präsent, ebenso seine Lieblingsbücher, die Herausgabe des Nachlasses, der weite Kreis von Freunden und Bekannten und im Hintergrund stets Kafkas Heimatstadt Prag.

Ein 50-seitiges illustriertes Begleitheft, herausgegeben von Roland Reuß und Peter Staengle, erscheint im Verlag Regionalkultur. Die Ausstellung ist von Mittwoch, 28. Mai 2008, bis Sonntag, 25. Januar 2009, täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Mai 2008 | Allgemein, Feuilleton, InfoTicker aktuell | Kommentieren