Der Heidelberger Gemeinderat hat auf seiner Sitzung gestern Abend (Donnerstag, 03. 04. 2008) einstimmig (bei nur zwei Enthaltungen) beschlossen, den vom erfolgreichen Bürgerbegehren gegen den Verkauf städtischer Wohnungen im Stadtteil Emmertsgrund beantragten Bürgerentscheid auch tatsächlich durchzuführen. Voraussichtlicher Abstimmungstermin ist der 13. Juli 2008.
Vorausgegangen war ein juristischer Streit um die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Eine Stuttgarter Anwaltskanzlei wollte das Bürgerbegehren als „unzulässig“ einzustufen, wohingegen Prof. Roland Geitmann von der FH Kehl sowie Prof. Ute Mager und Prof. Ekkehart Reimer von der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg in unabhängigen Gutachten die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens betonten. Die juristischen Auseinandersetzungen waren so heftig, dass Anfang der Woche – zufälligerweise am 1. April – bereits eine Falschmeldung durch die Presse geisterte, das Bürgerbegehren sei bereits als „unzulässig“ erklärt worden und damit gescheitert.
Nachdem der Gemeinderat das Bürgerbegehren jetzt in einem einstimmigen Beschluss und nach einer über zweistündigen, sehr gründlichen Debatte das Bürgerbegehren akzeptierte und einen Bürgerentscheid anordnete, erklärte der Sprecher des Bürgerbegehrens, Edgar Wunder: „Die Stadt Heidelberg kann nun nicht nur stolz sein auf ihre politisch so aktiven Bürger, sondern auch auf ihren Gemeinderat, der eine sehr vernünftige und bürgerfreundliche Entscheidung gefällt hat.“
Der verfügte Bürgerentscheid ist der erste in der gesamten Heidelberger Stadtgeschichte.
Bei seiner Anhörung während der Gemeinderatssitzung brachte Wunder auch den Vorschlag ein, nach dem Vorbild der Schweiz – die vorbildliche Regelungen zur Durchführung von Volksentscheiden kennt – an alle Heidelberger Bürger eine offizielle Abstimmungsbroschüre zu verschicken, in der die Befürworter und Gegner des Wohnungsverkaufs in einem ausgewogenen Verhältnis ihre jeweiligen Argumente darlegen können (insbesondere auch zu den damit jeweils verbundenen Kosten und wie diese abgedeckt werden könnten). Auch diesen Vorschlag übernahm der Gemeinderat. Die Abstimmungsbroschüre wird im Vorfeld des Bürgerentscheids von der Stadt an alle Heidelberger Bürger verschickt werden, damit sie ihre Entscheidung bei der Volksabstimmung auch gründlich und fundiert abwägen können.
Zu den vorausgegangenen juristischen Auseinandersetzungen erklärte Wunder: „Dass es dazu überhaupt kommen konnte, liegt an eindeutigen Mängeln des in Baden-Württemberg geltenden Gesetzes zu Bürgerbegehren. Der Gesetzestext ist so vieldeutig und legt den Bürgern ganz unnötige juristische ‚Fußangeln‘ aus, dass er geradezu dazu einlädt, politisch zu entscheidende Fragen auf die juristische Ebene abzuwälzen und einen Streit um die ‚richtige‘ Auslegung des Gesetzes zu beginnen. Die Landesregierung sollte dieses Gesetz endlich in einer bürgerfreundlichen Weise überarbeiten. Wesentlich bessere gesetzliche Regelungen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden hat zum Beispiel unser Nachbarland Bayern, die für Baden-Württemberg ein Vorbild sein könnten.“
Dr. Edgar Wunder, Pressesprecher
„Heidelberger Bürgerbegehren – Für den Erhalt der städtischen Wohnungen“