Kardinal Meisners Wort von der „entarteten Kultur“ bringt doch nur an den Tag, was bisher (immer mal mehr, mal weniger) gut verborgen lag: die unverfrorene Ahnungslosigkeit, mit der die katholische Kirche moderner Kunst gegenübersteht: Mit diesem Angriff auf Richters Werk, auf Richters Lebenswerk zerbricht die Heuchelei, die in den letzten fünfzig Jahren wohl nur deshalb so gut wie allem mit Liberalität zu begegnen gezwungen war, weil hinter einer weiteren Ächtung der Moderne die Schande des tödlichen Wortes, die Niedertracht vom ‚Entarteten‘ lauerte. Einen solchen Aufruhr konnten weder Picassos Variationen über die Kreuzigungsszene in Grünewalds Isenheimer Altar noch Dalis ‚Corpus Hypercubus‘ zustande bringen. Sie drangen nie in den Kirchenraum vor. Man reibt sich dankbar die Augen, daß ein kapitales Werk, das in einem Umfeld auftaucht, das uns allen gehört, das uns alle betrifft, nun zu einer Stellungnahme auffordert. Sehen Sie hier die unsere:
ln ähnlicher Angelegenheit hatten wir diese Karrikatur bereits 1997 in der Rundschau. Zu Meisners Entgleisung will uns für heute nicht mehr einfallen. Hätte er sich freilich damals in den Streit um die Schreiterschen Fensterentwürfe für die Heiliggeistkirche einzumischen versucht, hätten wir ihm das nicht durchgehen lassen. Aber so – lassen wir den alten Mann doch mal sagen, was er denkt …
gott