In der letzten Sitzung vor der Sommerpause fasste der Heidelberger Gemeinderat einen bedeutenden Beschluss: Die im Grundzug bereits beschlossene Sanierung der Städtischen Bühne wird in der Form ausgeführt, dass auf dem vorhandenen Gelände sowohl ein neuer Theatersaal gebaut als auch der alte als zweite Spielstätte erhalten bleibt.
Heidelberg bekommt damit das „originellste Theater weit und breit“, wie der in Heidelberg aufgewachsene Regisseur und Intendant Michael Hampe es formulierte. Im neuen Saal kann endlich Oper so aufgeführt werden, dass sowohl die Arbeitsbedingungen im Orchestergraben erträglich sind, als auch die Arbeit der Musiker und Sänger durch die Akustik nicht eingeschränkt wird. Damit führt die Kampgane zur „Wir retten unser Theater“ des vor einem Jahr von Intendant Peter Spuhler und der Rhein-Neckar-Zeitung gegründeten Bürgerkomitees endlich zum Erfolg. Die Bausumme wird mit 35-40 Millionen Euro veranschlagt. Das Bürgerkomitee ist auf dem besten Weg, das Ziel zu erreichen, ein Zehntel der Bausumme selbst aufzubringen: 3 Millionen Spenden von Einzelpersonen und Großspendern sind bereits eingegangen.
Als wir in Heidelberg ankamen, fanden wir einen jahrzehntelang verwahrlosten Gebäudekomplex vor, in dem außerdem nichts zueinander passte. Noch in den 90er Jahren waren ein neuer Orchester- und ein neuer Chorprobenraum gebaut worden, die von vornherein zu klein waren und über dem sich ein Glasfoyer erhob, das weder im Sommer hinreichend gekühlt noch im Winter ausreichend geheizt werden kann. Gebäudezustand und -sicherheit wurden von der Stadt selbst kontrolliert, die Behörden und selbst die Feuerwehr drückten die Augen zu, wenn es um die Sicherheit der Beschäftigten ging. Bereits frühere Intendanten hatten auf diesen Zustand hingewiesen, aber erst Peter Spuhler und der Technische Direktor Ivica Fulir nahmen sich vor, zu handeln. Unabhängige Gutachten deckten die Misere auf. Als die Stadtverwaltung Spuhler und Fulir fragten, ob sie die Sicherheit der Beschäftigten garantieren könnten, mussten diese verneinen. Die Folgen sind noch in Erinnerung: Am Vorabend der Premiere von „Madama Butterfly“ schloss die Oberbürgermeisterin das Theater. Fünf Wochen lang spielten wir an allen möglichen Orten der Stadt, dann waren so viele Sicherheitsmaßnahmen nachgebessert, dass wir wieder ins Theater durften. Heute endlich liegt ein 500-seitiger Bericht des TÜV vor, der die unhaltbare Situation dokumentiert.
Der Neubau, für den bisher nur das erforderliche Raumvolumen geprüft wurde, soll vor allem auch unnötige Wege und Transporte vermeiden helfen. Heute erschweren enge und gewundene Wege und Stufen den Transport von Instrumenten und Dekorationen. Das kostet ebenso viele Extrastunden wie die weiten Wege zu den eine halbe Stunde entfernten Probebühnen, die in Industrielagerhallen im Pfaffengrund untergebracht sind und weder richtig geheizt und gekühlt werden können – dass die Sänger häufig krank werden, ist da kein Wunder. Auch die Probebühnen können jetzt in den Neubau integriert werden – eine davon wird die neue Bühne des alten Saals werden, der damit für kleinere Produktionen, Liederabende, Gastspiele usw. zur Verfügung steht, wenn auf der großen Bühne geprobt wird.
Ach ja, der alte Saal. Das Heidelberger Theater wird von den Bürgern geliebt, weil es eines der wenigen alten Theater ist, die erhalten geblieben sind. So etwas gibt man nicht ohne Not auf. Doch lohnt es sich, so viel Geld in die Theatersanierung zu stecken und dann einen akustisch unhaltbaren Zustand zu konservieren? Außerdem ist der Saal aus dem Gründungsjahr 1853 schon um 1925 abgerissen und durch einen historisierenden Neubau ersetzt worden, der um 1975 noch einmal gründlich umgebaut wurde. Die Akustik für Opern wurde dabei nicht besser, der Anteil der Plätze mit guter Sicht reduzierte sich noch einmal deutlich. Heute sind von rund 600 Plätzen 150 sichtbehindert, würde man nur den alten Saal sanieren, würden noch einmal rund 100 gute Plätze wegfallen. Und wie Michael Hampe in seinem Gutachten ausführte: Um das Theater zukunftsfähig zu machen, müsste man sowohl das Prunkportal als auch die Decke entfernen und neu aufbauen, was kaum durchführbar sein dürfte. Jedenfalls nicht zu geringeren Kosten als der Neubau nebenan. Kinder und Jugendliche, das Publikum der Zukunft, werden heute vor allem durch gutes Theater gewonnen und nicht durch Nostalgie.
Als Trost bleibt die Tatsache, dass heute auch wieder schöne neue Theater gebaut werden, die nicht aussehen wie Kino-Multiplexe. Jetzt muss die Stadt erst einmal einen Architekten-Wettbewerb ausschreiben und eine Zeitlinie festlegen, an der sich unsere Spielplanung orientieren kann. Das Fehlen dieser Zeitlinie – wann ist Baubeginn, ab wann spielen wir im Zelt – hat schon die Planung der kommenden Spielzeit zu einem Horrortrip gemacht. Einige Positionen der Spielzeit 2007/08 wurden infolge der Gemeinderatsbeschlüsse Makulatur, als das Spielzeitheft in der Druckerei war. Wir rechnen nun damit, die nächsten beiden Spielzeiten noch komplett im Haus zu verbringen und danach mit Werkstätten und Büros in die alte Feuerwache zu ziehen. Die Saison 2009/10, die letzte in der Vertragszeit von Peter Spuhler und GMD Cornelius Meister, wird dann voraussichtlich in dem Kuppelzelt stattfinden, das zuletzt in Kassel stand, und in dem Meister bereits in Erfurt Erfahrungen sammelte: Die Akustik dieses Zeltes ist auf jeden Fall besser als die des jetzigen Theatersaals …
Bernd Feuchtner
Operndirektor
Theater und Philharmonisches Orchester Heidelberg
Friedrichstr. 5
69117 Heidelberg
Tel. +49 6221 58-35 630
www.theaterheidelberg.de
07.Aug..2007, 19:50
So ein Gejammer! Ja, ja, die unzumutbare Akkustik. Warum haben wir uns dies dann all die Jahre nur Gefallen lassen? Und dies auch noch im Vergleich zu anderen Städten zu überteuerten Opernpreisen… Ach, Du armes Heidelbergchen… Euer Mad Mac
15.Aug..2007, 18:08
Geld zurück! Zack, zack…