Nein, diese kindergartigen Sitzungen müssen Bürger nicht absitzen müssen, um sich ein Bild darüber machen zu können, wem und warum sie zur nächsten Wahl ihre Stimme geben oder wem nicht. Das ist Sache der Journalisten, das so rüberzubringen, daß man weiß …
Ach ja, die jungen Kollegen von unserer Tageszeitung – die wundern sich noch: „Manchmal kann und darf man sich schon über Entscheidungen des Gemeinderates wundern“, freuen sich „hö“ und „mün“ (über irgendetwas muß man sich beim Absitzen dieser Sitzungen ja wundern dürfen, sonst wäre das doch alles gar zu freudlos, manchmal freilich hat das trotz Vielerlei und Alledem dennoch einen hohen Unterhaltungswert, wie ein vormalig Erster Bürgermeister dem Gremium bescheinigte). Aber, in der Tat hatte die letzte Sitzung des Gemeinderates zwar auch wieder mal diesen apostrophierten Wert; auch mußte mal wieder ein Konsens von Demokraten versus Nonsen der tumb-dumpfbackigen Demagogen erlebt werden. Ja, ja, regt Euch nur auf. Aber bitte, wie anders muß denn verstanden werden dürfen, wenn eine „Fraktionsspitze“ sagt, – hier sei die RNZ wörtlich zitiert:
„Das gibt sogar eine Fraktionsspitze indirekt zu“ (in seiner Eigenschaft als Kreisdelegierter der SPD wird der Unterzeichnende den Versuch machen, diese „Fraktionsspitze“ zusammen mit der blödsinnigen und nicht zuletzt bürgerfeindlichen von der Fraktion beschlossenen „Fundamentalopposition“ gegen Würzner dahin zu schicken, wo sie hingehört: Zum Teufel nämlich) !
(Pardon. Also, ein neuer Versuch, aber es macht einen schon zornig): „Das gibt sogar eine Fraktionsspitze indirekt zu, dass der OB durch sein Bekenntnis zu Kraus diesem einen Bärendienst erwiesen hat“. Nächstes Zitat:
„So soll eine Gemeinderätin einer großen Partei, die für Weidenhammer/Fauser stimmte, nachher im kleinen Kreis gesagt haben, dass manche für Kraus gestimmt hätten, wenn OB Würzner nicht für Kraus gewesen wäre. Man wird den Eindruck nicht los, dass die linke Weidenhammer/Fausermehrheit auch dadurch zustande kam, dass man mal dem OB eins auswischen wollte.“
Die letzten beiden Sätze aus der RNZ, habe ich verwendet, um zum Nachdenken anzuregen; darüber nämlich, ob man diesen Räten nicht sollte empfehlen dürfen, daß sie sich aus diesem Gremium (es ist nicht ganz einfach, man ist gewählt, und man darf sich nicht einfach so rausstehlen, aber mit zum Beispiel der nachvollziehbaren Begründung, man sei an Demenz erkrankt, und müsse sich nun deshalb vom Amt zurückziehen, sollte es wohl möglich sein) selber zu entfernen versuchen. An Demenz glauben tät jedenfalls ein Jeder …
Ein für heute letzes Mal die RNZ (hö) zitiert: „Manche Gemeinderatssitzung wäre erträglicher, würde der OB endlich mal die zu oft ausufernden Diskussionen strukturieren“. Dies, mein lieber „hö“ kann, daß das möglich wäre, nur wer meinen, der diesen Circus noch nicht wenigstens einige Jahre zu erleben das Mißvergnügen hatte. Wir hingegen stellen zum xten mal den Istzustand des Gremiums (Foto: Rothe) in die Debatte:
Gremium in der Krise?
Als Axiom aller von nicht nur uns unternommenen gemeinderätlichen Krisenforschung gilt als deren gültige Wahrheit, die keines Beweises bedarf: “Unsere Krise selbst ist keine Krise.” Und genau diese Eigenart des häufig von Krisen gebeutelten Gemeinderates, nämlich Krise als von keinerlei Schwankungen unterworfenem Dauerphänomen als “keine Krise” einherkommen lassen zu wollen, wird nun von einem anderen, einem besonders hohen Unterhaltungswert darstellenden Mysterium in diesem Rat noch übertroffen: Einem von als vielleicht DaDa nachempfundenen massenpsychologischen Phänomen gemeinsamen GaGaismus, das nämlich zugleich immer dann eintritt, wenn der Verein zusammentritt. Einzeln, da sind die meisten ja relativ normal, es gibt sogar kluge und nette Menschen darunter. Aber: “Gemeinsam sind wir Wir”, dies martialische Wir, man hört es zwar nicht, jedoch schwallt es unerhört-wabernd während jeder Sitzung im Raum. Und “Wir („sind das Volk“ – das hatten wir ja, wenn auch auf der Straße, vor einigen Jahren schon einmal), das meint – nein, es läßt sich nur schwer schildern: jenes einen packende körperliche Unwohlsein, das jeden in die Pflicht genommenen Zuhörer nachgerade zwangsläufig überfällt, wenn sich peinigend-lange Redeschwallbeiträge aus den Lautsprechern ergießen.
Einem Vorsitzenden, der dies zu unterbinden auch nur versuchen würde, täte das alsbald – jede Wette – in lautstarken Lamentationes als autoritäres Verhalten ausgelegt werden. „Schließlich sind auch wir vom Bürger gewählt.“ Tja, das sind sie …
Apropos DaDa:
Aus Walter Serners: “Manifest DaDa” – “Was dürfte das erste Gehirn, das auf den Globus geriet, getan haben? Vermutlich erstaunte es über seine Anwesenheit und wußte mit sich und dem schmutzigen Vehikel unter seinen Füßen nichts anzufangen. Inzwischen hat man sich an das Gehirn gewöhnt, indem man es so unwichtig nimmt” (da haben wir ihn, einen, den Zusammenhang vielleicht zum mißglückterweise sich in DaDa versuchenden Gemeinderat), „daß man es nicht einmal ignoriert“.
TodoListe …
Es gilt, ein spürbar verkorkstes Klima in diesem Verein zu verbessern und verknotete Strukturen aufzudröseln, auf daß mit einem besser funktionierenderen Gemeinderat der immer noch neue OB und die Verwaltung durchatmen und ohne dies gremiale Handicap auch wieder mit dem zu vor-vorzeiten versprochenen frischen Wind zu arbeiten in die Lage versetzt wird. Nicht nämlich zum Beispiel über jede von der Rathausverwaltung vorgetragene Beschlußvorlage muß per se nur deshalb stundenlang palavert werden, weil die Verwaltung ja sowieso immer meschugge und die Damen und Herren Stadträte in oberlehrer(Innen!) hafter Manier ja sowieso alles besser wissen. Man ist doch schließlich wer oder was!
Links?
Bestehen eigentlich die Linken in diesem Gemeinderat noch darauf, links zu sein? Oder denken und sagen sie, dieser Begriff sei vor und nach der Einvernahme der DDR bis zum Erbrechen mißbraucht worden, man könne heute nicht mehr auch nur sagen, man sei links, weil sonst Positionen im Gemeinderat (deshalb) nicht mehr vertreten oder gar gehalten werden können? Bitte, wann ist denn jemand links? Wenn er/sie gegen den Kapitalismus ist? Wenn er „bunt“ ist? Wenn jemand gegen Mieterhöhungen und Arbeitslosigkeit oder für das große I bei MännerInnen ist? Schon bei Marx finden sich drei fehlerhafte Denkansätze: Die Einteilung der Menschen in nur zwei sich bekämpfende Klassen. Damit wurde schon seinerzeit das gesellschaftliche Problem auf den dualistischen Widerspruch von Gut und Böse reduziert.
Zweitens hätte man da die Personalisierung des gesellschaftlichen Widerspruchs: DIE Proletarier und DIE Bourgeoisie (siehe: DER BÜRGERLICHE OB), die weiterlebten in der Verteufelung des politischen Gegners und in der Pflege der Feindbilder. Und, zu guter Letzt, jener religiöse Denkansatz Marxens, in dem Gott durch das Proletariat ersetzt wurde, das alle Wünsche und Hoffnungen der gesamten Menschheit sowohl wie die der Heidelberger auch a priori in sich aufhob.
Wahrlich, ich aber sage Euch: GaGaistInnen, DebilistInnen und BescheuertInnen kommen in jeder politischen Farbe einher.
Und die beiden “Großen”?
Das Profil der SPD – das wissen Genossen am Besten – hat in den letzten Jahren deutlich gelitten. Zum Schaden kommt der Spott: Die Konservativen sprechen längst von der Sozialdemokratisierung der CDU. Das freilich ist eine erstaunliche Chuzpe, vergegenwärtigt man sich, wie weit sich diese Partei von ihren Wurzeln im sozialen Katholizismus und dem sozial geprägten Ahlener Programm schon lange entfernt hat.
Was wir hier im Gemeinderat wie aber auch anderswo seit Jahren erleben, ist nicht eine Sozialdemokratisierung der CDU, sondern eine schleichende Christdemokratisierung der GAL – die sich sowohl klammheimlich (für diesmal), wie erfreulich aus dem dämlichen Pakt „Fundamentalopposition“ entfernt zu haben scheint. Die aber auch sonst zu beklagende Wetterwendigkeit der SPD kontrastiert deutlich mit einer bewundernswerten Substanz vieler ihrer noch aktiven Mitglieder, die von “Modernisierern” außerhalb und innerhalb der Partei verächtlich in irgendeine Ecke ab-gestellt werden. Für die SPD wäre es – noch – kein unlösbares Problem, mit einem klaren Profil das Engagement dieser Menschen (wieder) zu gewinnen.
Und die GAL?
Brauchen wir die Grünen noch im nächsten Gemeinderat? Was heißt heute dort grünes Profil? Verbalradikalismus und flotte Sprüche reichten schon in früher nicht aus. Heute hingegen wären Zuhörer ja schon froh, kämen wenigstens die Sprüche noch flott “rüber”. Grüne Positionen sind längst (und oft genug) von den “großen Rathausfraktionen” übernommen worden, den GALlen-Grünen fehlen Visionen, wie sie sie in der Gründerzeit (auch in Heidelberg) noch gehabt und vertreten haben. Auch in diesem Gemeinderat aber ist die Zeit ökologischer Expressivität vorbei; die Zeit, als das Darstellen von Inhalten allein schon Politik war, aber halt eben auch.
Und der Rest:
Längst hat sich im Koordinatenkreuz von Wertewandel und Solidarpolitik eine neue Kraftbasis gebildet, die die Durchsetzung einer ökologisch-sozialen Umverteilung auch im Mikrokosmos Heidelberger Gemeinderat zumindest denkbar macht. Spätestens aber hier muß dann – wieder – die Frage nach dem politischen Bündnis gestellt werden dürfen, das jedoch nicht, wie oft genug praktiziert, so muß mißverstanden werden sollen, wie Spielchen hinter den Kulissen leider oft genug betrieben wurden: Wenn ihr uns nicht dieses oder jenes oder “Tempo 30” da oder dort- durchgehen, oder diese durch den Wald führende Straße für den Individualverkehr sperren laßt, dann müssen wir über den nächsten städtischen Haushalt (und, oder undsoweiter) aber noch mal kräftig reden. Wenn denn je die GALlier in diesem Gemeinderat etwas in Gärung versetzendes Ferment waren, dann ist dies längst Vergangenheit.
In der Zukunft liegt die Zukunft
Nein, in der Tat, die Damen und Herren Gemeinderäte haben schon recht, wenn sie wacker trotz Vielerlei und Alledem darauf beharren, dies Gremium stecke nicht in der Krise, Geduld und Phantasie sind hier nämlich längst überfordert, das hat die letzte Gemeinderatssitzung, in welcher OB Würzner den „Entscheidungsstau“ beheben wollte und oft genug gegen Mauern geredet hat, überdeutlich gezeigt. Ein Kraut gegen all dies gilt als noch nicht gewachsen …
Aber:
Laßt uns künftig nicht vor jemandes Namen das Kreuz machen, nur weil er oder sie schwarz, rot, grün, gelb oder sonsteiner Farbe zugehörig scheint, dieweil er/In unter jeweils solchen Farben segelt. Diese Farben sind längst zu einer breiigen Gemengelage verkommen. Also: Persönlichkeiten wählen! Und: Fleißig panaschieren und kumulieren! Jürgen Gottschling