Der Regionalverband von donum vitae e.V. – staatlich anerkannte Schwangerenkonflikt- beratungsstelle in der Heidelberger Altstadt – hatte aus Anlass seines fünfjährigen Bestehens am Freitagabend ins Schmitthennerhaus geladen. Das Thema der Podiumsdiskussion – Spätabtreibung – Fluch oder Segen moderner Pränataldiagnostik – hat in den letzten Monaten zunehmend für Diskussion gesorgt, da die betroffenen Frauen und Ehepaare mit ihrer Entscheidung derzeit meist allein gelassen werden.
Moderator Jörg Vins (SWR) führte mit sehr viel Fingerspitzengefühl durch die Diskussion, die von einem sehr respektvollen Zuhören und Antworten geprägt war. In den Statements zu Beginn wurden neben Informationen zur aktuellen Situation auch sehr persönliche Erfahrungen und Positionen formuliert. Die beiden Mediziner, Prof. C. Sohn, Direktor der Uni-Frauenklinik HD und Prof. C.R. Bartram, Direktor des Institutes für Humangenetik der Uni HD, formulierten sehr deutlich die Problematik, dass ein Kind nach der 23. Schwangerschaftswoche lebensfähig ist, die Spätabtreibung jedoch bis kurz vor die Geburt durchgeführt werden darf. Die Pränataldiagnostik selbst ermöglicht zunehmend eine Diagnosestellung zu einem sehr viel früheren Zeitraum.
Dr. Dagmar Kreitzscheck, Klinikseelsorgerin an der Universitätsfrauenklinik, berichtete von ihren Erfahrungen mit Frauen, die eine Spätabtreibung durchgemacht haben, und wichtigen Rolle des Abschieds oder Trauerprozesses. Sie verwies auf das Gebot der Nächstenliebe und die Bibelworte „Tue das, so wirst du leben.“ – aus ihrer jeweiligen Sicht entscheidet sich die Frau immer für das Leben.
Von ihrem ganz persönliche Weg berichtete Kristin Bischoff, Mutter einer fünfjährigen Tochter mit Down-Syndrom, bei der diese Diagnose bereits vor der Geburt eindeutig nachgewiesen war. Sie bemängelte das zunehmende Sicherheits- und Effizienzdenken der Gesellschaft, das Behinderten kaum Platz mehr ließe. Auf dem Podium bestand Einvernehmen über ihren dringenden Wunsch, Behinderte besser im normalen Alltag zu integrieren und dadurch die Angst vor dem Anderssein abzubauen.
Ursula Monheim, stellvertretende Bundesvorsitzende von donum vitae und Landtagsabgeordnete in NRW, fasste die möglichen Forderungen für eine Gesetzesvorlage zusammen: Eine verpflichtende psychosoziale Beratung aller Frauen nach Diagnosestellung, gegebenenfalls mit Beratungsschein, sowie die Einführung einer Frist von mindestens drei Tagen zwischen Diagnose und Spätabtreibung.
Kontrovers wurde eine weitere Forderung diskutiert, die besonders von Prof. Bartram vertreten wurde: Mit dem Hinweis auf die Lebensfähigkeit des Kindes fordert er eine Unterscheidung des Gesetzes vor und nach der 23. Schwangerschaftswoche.
Im vollbesetzten Saal des Schmitthennerhauses herrschte über die gesamten zwei Stunden eine sehr konzentrierte Atmosphäre. In der offenen Diskussion zum Ende kamen weitere interessante und auch persönliche Beiträge aus dem Publikum.
Beim anschließenden Empfang wurde die Diskussion in verschiedenen Gesprächen intensiv fortgesetzt. Die Bundesvorsitzende von donum vitae, Rita Waschbüsch, und die Vorsitzende des Regionalverbandes, Petra Hufendiek, betonten die Zunahme der Beratungszahlen in der Heidelberger Beratungsstelle und dankten den Beraterinnen und allen ehrenamtlich Tätigen für ihre engagierte und qualifizierte Arbeit in den letzten fünf Jahren. dv