Etwa, na ja so um vielleicht 285 Damen und Herren gehen in Heidelberg und den anderen Dörfern drum herum dem Beruf des Künstlers nach. Einer von uns in Auftrag gegebenen Untersuchung nach ist die Dunkelziffer gerade ebenso hoch. Wie ausgesprochen lustig ist die Bezeichnung «Dunkelziffer». Handelt es sich dabei um Leute, die den Beruf nur heimlich ausüben, weil sie sich dafür schämen, oder empfinden sie es als Angeberei, sich als Künstler zu bezeichnen, weil sie glauben, die Veränderung des Aggregatzustandes von Nicht-Kunst zu Kunst sei ein schlagartiger Qualitätssprung von etwas Unnützem in etwas Wichtiges, weil Erbauendes und allenfalls Zeitkritisches in einer möglichst noch nie da gewesenen Form?
Nein, Sportsfreunde, die ihr euch mit der Definition jenes Bedeutenden in der Kunst herumplagt, das von Hedonisten zu schlampig und von Marxisten zu doktrinär eingegrenzt wird, ein Künstler ist jeder, der mit seiner Betätigung beabsichtigt, Kunst zu schaffen, und das in dieser Absicht Hervorgebrachte ist in jedem Fall Kunst. Und genau das ist es, was den Beruf des Künstlers zum Traumberuf macht. Das Produkt erreicht seinen beabsichtigten Zustand allein dadurch, daß er vom Adepten beabsichtigt war. Diese einmalige Chance, daß das nackte subjektive Wollen das Gelingen per definitionem schon in sich trägt, hebt Künstler von allen anderen Werktätigen ab.
Man stelle sich vor, zu welchen größeren und kleineren Katastrophen das Kunstprinzip in allen anderen Berufsgattungen führen würde, vom Automechaniker über den Koch zum Versicherungsmathematiker oder Softwareentwickler und vom Wursthersteller zum Maurer. Vom Piloten gar nicht zu sprechen. Nur in der Kunst führt die Deckungsgleichheit vom Es-Wollen und Es-Können nicht zu furchtbaren und vor allem auch absehbaren Abstürzen wie bei jenen, von denen wir weiter oben gar nicht erst gesprochen haben.
Der Kunstwollende genügt seinem Anspruch mit der Absicht schlechthin. Ob sein Tun dank einer gewissen Qualität in die Nahrungskette des Kunstbetriebes eingeschleust wird, hängt von so vielen Zufälligkeiten, Moden des Marktes, kurzfristigen Befindlichkeiten und Subjektivität ab, daß der Erfolgreiche immer auch selbstironisch – ein wenig wenigstens – lächeln und der Erfolglose nicht gar so traurig oder verbittert sein sollte.

kunst-ballon-kopie.jpg Sie beide verbindet der Traumberuf Künstler, der es ihnen erlaubt, sich auch einmal fünf Dry Martini über den Durst hinaus ins System zu schlagen und am nächsten Morgen nicht geplagt zu sein vom Wecker der Werktätigen, sondern allenfalls von frühen Sonnenstrahlen, die ihre Finger ungefragt und frech in die leicht gedunsenen Gesichtchen strecken, dann aber mit dem zugegebenermaßen oft mühsamen Schließen der Fensterläden gestoppt werden können, auf daß die Folgen des Rausches, der ja auch nur ein kleiner war, sich in den Tiefen des Nachmittags verflüchtigen, auf daß einer ordentlich eingeschenkten großen Riesling-Schorle so gegen acht Uhr oder sonstwie nach Sonnenuntergang dann recht eigentlich nichts mehr im Wege steht. got

Apr. 2007 | Allgemein | Kommentieren