„Die Musik drückt das aus, was nicht gesagte werden kann und worüber
es umöglich ist, zu schweigen,“ so weit, so schön. Wie aber sollen Schreiber mit der Meldung aus dem Rathaus umgehen, daß am Donnerstag auf Antrag der CDU-Fraktion im Gemeinderat darüber diskutiert werden soll, daß künftig wieder das alte kurfürstliche Löwenwappen statt des von Erwin Poell entworfenen Logos Heidelberg künftig „logistisch“ anschaulich machen soll? „Singen“ wir also (welch schönes Wortspiel, lobhudeln wir uns):
Beate Weber hat das Logo wohl am Gemeinderat eher vorbei (etwa 1992) bei dem renommierten Graphiker Erwin Poell (Foto: Rothe) in Auftrag gegeben (ja, man mag sich in der Tat gar nicht vorstellen, einen wie hohen Unterhaltungswert Diskussionen darüber im Gemeinderat gehabt haben würden). Beate Webers Argument freilich, sie habe „dies furchtbar obrigkeitliche Wappen der Herren vom Schloß“ ersetzen wollen durch ein demokratisches Logo, ohne das zur Diskussion in durchaus nicht nichtzuständigen Gremien freigegeben zu haben, war dann trotz alledem so demokratisch ja nun aber wieder auch nicht.
Und, ob der Gemeinderat zudem noch zugestimmt hätte, daß Erwin Poell dafür gar nicht wirklich würde bezahlt werden müssen (klingt ja erst mal gut!?), er aber stattdessen für jede (für jede!) Verwendung des Logos auf jedem Brief, auf jeder (sic) Fahne, auf jedem Hinweisschild lebenslang ein je größer das Logo desto größeres Salär beziehen sollte (schöne Rente, man rechne), und, dieweil alle tausend auf Rechnern ohnehin installierten Schriften mit dem Logo nicht kompatibel seien, er eigens (was Wunder), eine dafür von ihm für tauglich befundene Schrift von seinem Kollegen Adrian Frutiger hat entwerfen lassen (frutiger light oder so ähnlich heißt das Ganze), daß also der Gemeinderat, wäre er denn gefragt worden, alledem damals zugestimmt hätte, das ist wohl eher nicht anzunehmen .
Sollte also die CDU-Gemeinderatsfraktion einer Anfrage wegen von uns an „die Verwaltung“ zu dieser denk-würdigen Angelegenheit der Sache auf die Spur gekommen sein, und will also mit dem alten Wappen nicht wirklich einen Schritt rückwärts schreiten (Seit an Seit?), sondern auf diesem Weg aufdecken, was es mit dem Logo, der Schrift und mit überhaupt alledem auf sich hat? Das wär doch mal was.
Aber bitte, vielleicht so: Man behalte das neue (wie wir meinen wirklich gute) Heidelberg-Logo und verständige sich mit Erwin Poell auf eine angemessene Vergütung – unter Einberechnung natürlich bereits bezahlten Geldes! Vielleicht kommt ja dabei sogar etwas heraus?
Jürgen Gottschling
Ach ja:
Was thustu mich hie angaffen?
Hastu nicht gesehen den alten Affen?
Zu Heidelberg sieh dich hin und her,
da findestu wol meinesgleichen mehr.
Diese Inschrift am Großen Faß des Pfalzgrafen Johann Casimir
und am Brückenaffen gibt dem Gemeinderat vielleicht eine Vorgabe: sich nämlich am alten, „undemokratisch-kurfürstlich-männlichen Löwen“ politisch korrekt vorbeizumogeln, und – naja, nachdenken darüber muß man doch wohl noch dürfen, oder?