Die Hand zum Schwur heben, das mußte im Rahmen einer öffentlichen Sondersitzung des Gemeinderates am Donnerstag, 14. Dezember der „Neue“ nicht.
Nachdem der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Gradel (der – ! – einstimmig vom Gemeinderat gebeten worden war, die Zeremonie zu leiten) die Eidesformel vor- und Oberbürgermeister Eckart Würzner sie nachgesprochen hatte, genügte (um 17 Uhr 26 ein – so ist das in Heidelberg seit langem Tradition – Handschlag, bekräftigt mit einem: „So wahr mir Gott helfe“. Bislang hat ER, so scheint es, das auch getan – es sei denn, Würzner lebte nach der Devise: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ …
Im weiteren Verlauf würdigte Jan Gradel die verschiedenen Stationen des neuen OB, er habe in seinem Amt als Bürgermeister überzeugt, er gelte als Mensch, der wirtschaftliches und soziales Engagement sehr wohl vereinigen könne.
Das Curriculum Vitae des am 10. November 1961 in Goslar geborenen Eckart Würzner zeichnet jedenfalls einen gradlinigen beruflichen Werdegang: Einundzwanzigjährig beginnt er das Studium der Geographie (Dipl.) an der Universität Mannheim und Heidelberg, 1993 macht ihn diese Arbeit zum Dr. rer. nat: „Vergleichende Fallstudie über potentielle Einflüsse atmosphärischer Umweltnoxen auf die Martalität in Agglomerationen“. Was immer genau das sein mag, der Weg für ihn war nun vorgezeichnet:
Von Juli 1988 bis August 1991 ist Eckart Würzner (hier im Rothe-Bild mit Janine Würzner neben ihr Regierungspräsident Rudolf Kühner, hinter ihm der Präsident des Finanzamtes Heidelberg Gerber im Gespräch mit Klaus Tschira) als Umweltfachberater für die Stadt Heidelberg zuständig für die Beratung der Verwaltungsspitze in allen umweltrelevanten Fragestellungen. Im September 1991 übernimmt er die Leitung der Abteilung technischer Umweltschutz, von Dezember 1997 bis Dezember 1999 ist er Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiemanagement und Stellv. Amtsleiter, von Januar 2000 bis März 2001 leitet er das Amt für Umweltschutz, Energie und Gesundheitsförderung. Am 1. April 2001 wird er Bürgermeister für Umwelt und Energie der Stadt Heidelberg. Dies Amt hatte er inne bis zum 13. Dezember. An diesem Tag bekam er als Nachfolger Beate Webers den Schlüssel fürs Rathaus. Bis dahin hat er sich nicht ausgeruht im Sessel des Umweltbürgermeisters, er war Vizepräsident des Europäischen Netzwerkes Energie-Cités, Geschäftsführer der Klimaschutz- und Energie-Beratungsagentur Heidelberg-Nachbargemeinden gGmbH (KLIBA) und, und, und … Und, Mitglied im Präsidium des Deutschen Städtetages ist er mittlerweile auch.
Der Regierungspräsident des Regierungsbezirks Karlsruhe, Dr. Rudolf Kühner wußte „das Privileg zu schätzen, zum Anlaß der Amtseinführung des neuen Heidelberger Oberbürgermeisters reden zu dürfen“, gibt dem frisch gebackenen OB einige Ratschläge mit auf den Weg, geht auf die demographische Entwicklung ein, die zu neuem Denken und Handeln zwinge – „in wenigen Jahren ist in vielen deutschen Städten jeder zweite ein Mitbürger mit einem Migrantenhintergrund“ und wünscht Würzner zu guter Letzt, er möge in seiner Aufgabe auf-, niemals aber untergehen.
Margot Preisz sprach „für das gesamte selbständige Handwerk der Stadt“ und verweist auf viele Situationen, in welchen Würzner sie nach ihrer Meinung gefragt habe, womit sie „eine stets vertrauensvolle Zusammenarbeit“ begründet. In seinen verschiedenen Funktionen habe er in vielen interessanten Objekten Maßstäbe gesetzt. So sei ein von der Bundesstiftung Energieberatung getragenes Projekt gerade in der fünften Phase erfolgreich abgeschlossen worden. Beeindruckt war sie von einer Würznerschen Rede aus Anlaß einer Preisverleihung, in Erinnerung sei ihr geblieben, eine Stadt könne sich vieles leisten, wenn die Rahmenbedingungen stimmten. Heidelberg warte auf in der Tat in diesem Sinne auf Entscheidungen, die zünftig umgesetzt werden sollten. „Wir werden Eckart Würzner unterstützen“ – was Bürgermeister Raban von der Malsburg zur Feststellung veranlaßte, die Tatsache, daß Würzner sie als Festrednerin ausgesucht habe zeuge von seiner „großen Wertschätzung für das Heidelberger Handwerk“.
In seiner Antrittsrede bedankte sich Würzner artig für die von der Landesregierung überbrachten Grüße, an die Adresse der Kreishandwerksmeisterin erinnerte er sich, „wir haben gemeinsam schon manche Kuh vom Eis geholt, in seinem Dank an Jan Gradel erwähnt er, sich auch künftig auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat zu freuen – „es wird eine sehr erfolgreiche sein, darauf kann man sich bei mir immer verlassen“.
Das bleibt zu hoffen, denn es kommt einiges an Herausforderungen auf ihn zu. Was Wunder, reiche er auch denen, die ihn n icht gewählt haben, die Hand. Inhaltlich schließlich sei man ja gar nicht so weit auseinandergelegen. Und schließlich gehe es nicht nur um seine – sondern um die Visionen aller Heidelberger und Heidelbergerinnen. Bei dieser Gelegenheit erinnert er sich an Kinder, die sich eine Rutsche vom Königstuhl in die Altstadt wünschen, einen Neckarufertunnel („den ich ja auch will“) und Sandstrand am Neckar …
Als sein wichtigstes Ziel für bezeichnete Würzner eine familienfreundliche Stadt: Kindertagesstätten mit flexibler Öffnungszeit, Wohnformern mit Begegnungsmöglichkeiten für jung und alt, all das auf den Weg zu bringen wolle er gemeinsam mit kirchlichen und anderen Träger aufs Engste zusammenarbeiten. Daß er bei alledem sozial ausgewogen, aber auch wirtschaftlich orientiert sei, das stelle er anheim.
„Keine Angst“ – fordert er zu guter Letzt, daß man hat – „ich habe bislang beinahe jedes von mir angepackte Projekt auch geschafft. Laßt uns zielorientiert arbeiten“, beschwört er die anwesenden Gemeinderäte – „und immer den Menschen im Blick haben. Seien wir guten Mutes, packen wir es gemeinsam an“. Er wolle „engagiert dafür eintreten, daß Heidelberg sich sozial, ökologisch und wirtschaftsfreundlich weiterentwickelt“.
Eckart Würzner (sein erster Arbeitstag im neuen Büro, der Schreibtisch noch übersichtlich leer . wird sich ändern) war es, der diese Reihenfolge gewählt hat. Allen Unkenrufen zum Trotz! Schaut also mal hin! Und gebt ihm und allen Menschen in der Stadt eine Chance bevor das Lagerdenken und -verhalten sich zwischen Vernunft, Chance und Ziel drängt.
Eine einseitige parteipolitische Ausrichtung jedenfalls werde es mit ihm nicht geben, versprach er im Hinblick auf die ihm während des Wahlkampfes gewährte breite Unterstützung der sogenannten „Bürgerlichen“. Das haben alle gehört! Und hoffentlich nicht nur verstanden. Stehende Ovationen am Ende wohl auch für seinen Anfang.
Die Percussiongruppe der Musik- und Singschule Heidelberg gab zum Abschluß mit wilden Staccati, untermalend-dumpfen Trommeln und hin und her fetzenden (allerdings souverän-sicheren) Einsätzen ein beredtes Beispiel dafür, was Würzner nicht nur wahrscheinlich, sonder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Gemeinderatssitzungen zu erwarten hat. Aber auch dafür, daß – wie die jungen Percussionisten – am Ende alles in gelassener Harmonie mit zwar einem einzigen Schlag ein großes akustisches „black out“ in den Raum stellen, dies aber im Spiel wie im Ernst eine ins Auge zu fassende Kartharsis, der Knall vor der Reinigung bedeuten mag, die – mit Schrecken zwar, nicht aber ohne Ende – dann doch eine große, tiefe, guttuende Ruhe verbreitet …
16.Dez..2006, 15:38
Der korrekte Titel der Promotionsarbeit lautet:
„Vergleichende Fallstudie über potentielle Einflüsse atmosphärischer Umweltnoxen auf die MORTALITÄT in Agglomerationen“.
Frei übersetzt für die geowissenschaftlich weniger vorbelasteten Leser:
„Vergleichende Untersuchung über mögliche Einflüsse gasförmiger Verbindungen wie Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Ozon auf die Sterblichkeitsrate in Stadtregionen bzw. Ballungsgebieten“.
Wir alle sind also gespannt auf das neue verbrauchs- und abgasarme Dienstfahrzeug des frisch gekürten OBs.
16.Dez..2006, 15:46
tschuldigung – die Pressestelle der Stadt hatte richtig „Mortalität“ ge- ich aber falsch abgeschrieben. Danke für den Hinweis. got
19.Dez..2006, 21:03
als läufer weiß er ja, dass man einen langen atem braucht. nur:
ein dauerlauf hat meist ein ziel, ein ende, aber der gemeinderat hatte bis jetzt nur eine paralelle dazu:
nämlich am ende zu sein, ohne überhaupt gestartet zu sein.
mich wird interessieren, wer es wagen wird, würzners ideen und pläne zu durchkreuzen. das heist nicht, wer kritisieren wird, sondern, wer sabotieren -, und wer bündnisse gegen die zukunft schmieden wird.
aber da steht die SPD wiederum relativ gut, da es sie kaum sein kann, da sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist … 😉