Ja, ja, die alten Römer; die waren gewohnt, in den Kategorien des formellen Rechts, aber auch der Macht zu denken. Heute müssen Politiker ihr Handeln in Beziehung setzen zu dem, wofür sie politisch eintreten. Und da sie politisch – meist – nur für etwas kämpfen, was sich auch moralisch begründen läßt, sind sie früher dem Vorwurf der Unmoral ausgesetzt. „Quod licet Jovi non licet bovi“ – die Mächtigen können sich manches leisten, was sich nicht jeder „Ochse“ erlauben durfte. Kandidatinnen sind aber nun einmal nicht nur keine solche Ochsen;
so waren die cajastrophalen Ausflüge ins Reich der Fabel (Gebetsmühlenartig: Alte Feuerwache, zum Beispiel) dann doch reichlich vermessen. Auch hat der Grünen Kandidatin nicht gelernt, daß eine moralische Gesellschaft doch eher in Kategorien der Moral und nicht mehr in Ochs (oder Kuh) denkt. Und daß sich also so der lateinische Satz umgekehrt hat: „Quod licet bovi non licet Jovi“. „Dem Politiker ist manches verboten, was anderen erlaubt ist“. Auch versuchsweise angehenden solchen …
Die meisten den Politikern vorgeworfene Lügen sind gemeinhin keine genuin politische Lügen, also keine Lügen, die der Politik eigen sind. Eine genuin politische Lüge hat immer etwas mit Macht zu tun, mit Macht die (wie in dem von mir hier ständig gemeinten „Fall“) errungen, gestärkt oder verteidigt werden soll. Wir durften hier in Heidelberg lernen, daß Menschen, die sich belogen fühlen, sich nicht mit dem Hinweis besänftigen lassen, die erste Betrogene sei die Betrügerin selbst gewesen. Aber, wer der genuin politischen Lüge auf die Spur kommen will, kann aus diesem Beispiel etwas lernen. Denn ähnliches geschieht häufig.
Daß Politiker wissen, was sie wollen, erwartet man von Politikern zu Recht. Der wachsame citoyen spürt sehr rasch – und nimmt übel -, wenn in der Politik jemand nicht weiß, was er will. Und, natürlich, je intensiver jemand etwas will, desto mehr sind er oder sie in Gefahr, die Wirklichkeit so zu sehen, daß das Gewollte erreichbar scheint. Thimm blendete gekonnt (wie wenig erfreulich auch immer das war) jene Teile der Wirklichkeit aus, die dem Gewollten im Wege standen. Wo aber der Wille das Bild der Wirklichkeit bestimmt, erscheint im Extrem- und diesem Fall – als Lüge, was Wunsch und Hoffnung der Vernunft abgehandelt haben.
Wer die Suche nach Wahrheit zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat, geht nicht in die Politik, sondern in die Wissenschaft. Je länger jemand in der Wissenschaft geforscht, nach Wahrheit gesucht hat, desto weniger ist er für die Politik brauchbar. Das zeigte uns überdeutlich die Geschichte des „Professors aus Heidelberg“.
Eckart Würzner gewählt! Um 19.01 Uhr gibt die OB das vorläufige Endergebnis vor dem Rathaus bekannt. Er gewinnt 23633 Stimmen, das sind 53, 9 Prozent. Später dann, in der „Nachtschicht“ wird gefeiert, bis in den frühen Montag morgen. Verdient!
Politik wertet. Sie muß werten. Sie ist dazu da, zu werten. Daher ist sie für die Wahrheit nicht zuständig. Deshalb ist sie auch niemals durch die Wissenschaft zu ersetzen. Wird hier darüber diskutiert, ob es nicht von Vorteil wäre, den Autoverkehr statt kilometerlang durch bewohnte Straßen durch einen Tunnel zu leiten, dann (wenn Autos in Heidelberg per se sowieso hätten abgeschafft werden sollen – pardon, gnä Frau) ist natürlich erst einmal die Wissenschaft am Zug: Geologen müssen ergründen, ob das Gestein sich für einen Tunnel eignet, was der Tunnel für das Grundwasser bedeutet, Verkehrswissenschaftler müssen eingebunden werden. Mit wissenschaftlichen Methoden ist ein Kostenvoranschlag zu erstellen. Gemeinderäte können die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit nicht korrigieren, sie müssen sie zur Kenntnis nehmen. Schlimmstenfalls können sie ein Gegengutachten anfordern. Aber, ob der Tunnel gebaut werden soll, ist eine Frage der Wertung. Natürlich fließen in die Wertungen auch Interessen ein. Wer an der stillzulegenden Straße wohnt, wertet – was Wunder – anderes, als wer in Neuenheim oder der Weststadt wohnt. Aber in jedem Fall haben alle die Frage zu entscheiden: Was ist uns wichtiger? Was ist uns mehr wert. Niemand wäre hier aufgefordert zu sagen, was wahr ist und was nicht. Der Tunnel ist nicht wahr, oder unwahr, sondern richtig oder falsch. Demokratische Politik bleibe auch in Heidelberg wertendes streiten vor verbindlichem Entscheiden. Lassen wir es für heute, am Wahlabend damit bewenden. Und: W i r schauen auch künftig hin.
Bleiben S i e uns als „Kommentatoren“ dessen was ist und was wir hier schreiben, treu.
16.Nov..2006, 11:49
Für die zerstörerische Wirkung von zuviel Verkehr in Innenstädten gibt es zahllose Beispiele. Viele Kommunen haben sich dagegen mit Erfolg gewehrt. Mit die wichtigsten Beispiele in Baden-Württemberg sind sicher Baden-Baden und Freiburg. Und dass das ferne Düsseldorf wieder eine Stadt am Rhein und nicht am Moloch Verkehr ist, haben viele inzwischen staunend perönlich erlebt.
Der seit Jahrzehnten diskutierte Tunnel am Neckarufer, für dessen Realisierung Politik und Verwaltung Heidelbergs jedoch nie wirklich den Mut fanden, wäre das denkbar größte Wirtschaftsförderungsprogramm für die Innenstadt. Sämtliche Querverbindungen zwischen Hauptstraße und Neckar, ja sogar zwischen Hauptstraße und Ebertanlage würden eine neue Wertigkeit erhalten. Die von Autoverkehr ungestörte Wiedervereinigung von Stadt und Fluss wäre auch ein Signal für neue kulturelle, künstlerische und gastronomische Entfaltung.
Jede Million, die hier investiert wird, kommt vielfach in die Stadtkasse zurück.
Wenn dann noch das Kongresshaus Stadthalle zu einem Kongresszentrum ausgebaut wird, würde Heidelberg zu Recht weltweit Bewunderung für seine kluge Politik erhalten.
Am 15. Dezember ist Dr. Würzner dann seit einem Tag, amtlich bestätigt, Oberbürgermeister von Heidelberg. Der beste Tag für den Start von „Stadt an den Fluss“.
Hansjörg Blank