Ein Artikel über Wandschränke und am Ende steht der Link des Geschäfts? Oder für Mordverdächtige einfach türkische Namen ausdenken?

Der Deutsche Presserat hat Zeitschriften für Schleichwerbung, Diskriminierung von Ausländern und Verletzungen des Persönlichkeitsrechts gerügt. Insgesamt wurden durch die Beschwerdeausschüsse des Presserats gerade acht öffentliche Rügen ausgesprochen. Allein drei davon erhielt die «Bild-Zeitung».
Eine Rüge für Schleichwerbung handelte sich «Der Tagesspiegel» ein. Am Ende eines Artikels über Wandschränke sei die Internetadresse eines Geschäfts angegeben worden, dessen Besitzer zuvor interviewt worden war.
Auch «TV Spielfilm» habe gegen das Trennungsgebot von redaktionellem Inhalt und Werbung verstoßen, entschied das Gremium. Die Zeitschrift hatte in einem Artikel über die Planung einer Werbekampagne mehrfach das beworbene Produkt benannt. Im «Maintaler Tagesanzeiger» sei in Artikeln für die Angebote einer Arztpraxis und eines Reisebüros geworben worden.

Verletzung des Persönlichkeitsrechts

Die «Bild»- Zeitung hatte das Foto eines zehnjährigen Jungen veröffentlicht, der im April bei einem Terroranschlag in Ägypten getötet worden war. Die Eltern hatten nicht ihre Einwilligung gegeben, das Persönlichkeitsrecht des Jungen sei daher verletzt.
Prinzessin Stéphanie von Monaco wurde mit ihrem Ex-Ehemann und der 12-jährigen Tochter am Strand abgelichtet. Das Foto erschien in der «Freizeit Revue», die damit das Recht der 12-Jährigen verletzte. Die Tochter sei keine Person der Zeitgeschichte wie ihre Mutter, daher sei ihr Persönlichkeitsrecht verletzt.
In der «Neuen Presse» aus Hannover wurde über einen fast 30 Jahre zurückliegenden Mord berichtet. Dabei wurde der volle Name des verurteilten Täters genannt. Der Pressekodex verbietet aber im Interesse der Resozialisierung die Namensnennung von Straftätern.
Drei Todesopfer eines Lawinenunglücks und ein Überlebender wurden durch den Abdruck von Fotos in der «Bild»- Zeitung in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, so der Presserat. Zudem wurden die berufliche Position und der Wirkungsort des Überlebenden genannt, womit der Betroffene für viele Personen identifizierbar wurde.

Türkische Namen für deutsche Verdächtige

Ihre dritte öffentliche Rüge erhielt die «Bild»-Zeitung wegen der Berichterstattung über den Mord an einem Friedhofsgärtner. Den Tatverdächtigen wurden fiktive türkische Namen gegeben.
Die Polizei hatte nach jungen Männern «südländischer Herkunft» gefahndet. Dabei handelte es sich um Deutsche, wie später festgestellt wurde.

In der darauffolgenden Berichterstattung nahm die «Bild» dann zwar deutsche Namen, wies aber die Leser nicht auf die vorab benutzten fiktiven türkische Namensgebung hin. Die Verwendung ausländischer Namen führe aber dazu, dass Vorurteile bedient werden, so der Pressrat. Niemand dürfe wegen seiner Herkunft diskriminiert werden.

Freiwillige Selbstkontrolle der Medien

Die «öffentliche Rüge» mit Abdruckverpflichtung ist die ranghöchste Sanktionsmöglichkeit des Beschwerdeorgans des Presserats. Bei dem Presserat kann sich jede Person, aber auch Vereine, Verbände usw. über Zeitungen, Zeitschriften und redaktionnelle Inhalte von Online-Diensten von Verlagen beschweren.
Der Beschwerdeausschuss setzt sich aus zwei Kammern mit je sechs Mitgliedern zusammen, die jeweils viermal jährlich tagen. Er prüft eingehende Beschwerden und spricht in begründeten Fällen eine Maßnahme aus.
Insgesamt wurden 73 Beschwerden behandelt. Neben den acht öffentlichen Rügen sprachen die Ausschüsse auch 16 Missbilligungen und 16 Hinweise aus. Der Presserat beschäftigt sich mit der freiwilligen Selbstkontrolle der Printmedien. got

Nov. 2006 | Allgemein, Zeitgeschehen | Kommentieren