Denkfehler Nr. 1

„Die Produktivität ist zu hoch. Deshalb steigt die Arbeitslosigkeit“

Der Produktivitätszuwachs sei in Deutschland zu hoch, deshalb sei die Arbeitslosigkeit so hoch. Diese Erklärung ist immer wieder zu hören. “Der Kapitalismus schafft die Arbeit ab”, alarmiert der Soziologe Ulrich Beck seine Glaubensgemeinde schon seit Jahren. In der Süddeutschen Zeitung begründete er diese Erfahrung mit folgender Beobachtung:
„Die Zukunft der Arbeit, sagt der Herr von BMW, sieht (bei BMW) folgendermaßen aus: Dann zeichnet er eine abfallende Linie, die im Jahr 1970 beginnt und ums Jahr 2000 herum bei Null endet. So ist das natürlich übertrieben, und so können wir das auch in der Öffentlichkeit nicht darstellen, fügt er hinzu. Aber die Produktivität steigt in solchem Ausmaß, daß wir mit immer weniger Arbeit immer mehr Autos herstellen können. Damit wir den Beschäftigungsstand auch nur halten können, müssten die Märkte enorm expandieren. Nur wenn wir in alle Winkel der Welt unsere Autos verkaufen, besteht überhaupt eine Chance, die vorhandenen Arbeitsplätze zu sichern. Der Kapitalismus schafft die Arbeit ab. Arbeitslosigkeit ist kein Randschicksal mehr, sie betrifft potentiell alle – und die Demokratie als Lebensform.“

So dramatisch der Soziologe Beck das auch sieht: Er erliegt dem typischen Denkfehler, eine einzelbetrieblich durchaus schlüssige Beobachtung auf die gesamte Volkswirtschaft zu übertragen.

In einem einzelnen Betrieb wie im angeführten Beispiel BMW gilt sehr wohl, daß bei Rationalisierung und gleichzeitiger Stagnation des Absatzes mit weniger Leuten die gleiche Menge produziert wird und die überzähligen Mitarbeiter in der Regel entlassen werden. Auf eine Volkswirtschaft lässt sich diese betriebliche Erfahrung aber nicht einfach übertragen. Es gab in den letzten Jahrzehnten Phasen weit höheren Produktivätszuwachses als heute bei gleichzeitig geringerer Arbeitslosigkeit. So wuchs die Produktivität in den Jahren 1968 bis 1973 mit einer jährlichen Rate von durchschnittlich 5,4% und damit schneller als heute. Zugleich lag die Arbeitslosenquote im Schnitt kaum höher als 1 %.

Hintergrund und Ursache des hohen Produktivitätswachstums in den vergangenen 50 Jahren waren ähnlich umwälzende Strukturveränderungen und Rationalisierungen wie heute. Schon in den 60er Jahren rankte sich eine breite Diskussion um die Folgen der Automatisierung. Auch damals brachen ganze Branchen weg. In der Landwirtschaft, im Bergbau, in der Stahl-, Textil- und Schuhindustrie wurde stark rationalisiert; zugleich erstarkte die ausländische Konkurrenz. Tausende von Arbeitnehmern verloren ihre Stellen. Doch Landwirte, Bergleute und Textilarbeiterinnen kamen in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in der Chemieindustrie unter. Ihre Söhne und Töchter wurden Informatiker oder Lehrerinnen, Laboranten in der Forschung oder Sozialarbeiter. Diese Umstrukturierung gelang, weil bestimmte Branchen wuchsen, andere Güter produziert und neue Dienstleistungen angeboten wurden. Staat und Bundesbank steuerten den Prozess mit ihrer Ausgaben- und Zinspolitik und durch eine aktive Konjunktur- und Strukturpolitik. Das blies viel Dampf in die Ökonomie, es wurde immer wieder so viel Kaufkraft geschaffen, daß die erzwungenen Strukturveränderungen aufgefangen werden konnten.
Hat sich seither so viel verändert? Fehlt für jene, deren Arbeitsplatz wegrationalisiert wird, zwangsläufig jede Beschäftigungsalternative? Wer so denkt, unterstellt, es gebe nichts mehr zu tun, unsere Bedürfnisse seien befriedigt. Zunächst ist daran zu erinnern, daß sich Automaten, Roboter und Computer immer noch nicht selbst produzieren. Auch die Fertigungs-Automaten bei BMW müssen konstruiert, produziert und gewartet werden. Und breite Bevölkerungsschichten haben einen durchaus berechtigten Bedarf. Zum Beispiel an besseren und ruhigeren Wohnungen, an einer besseren Ausbildung ihrer Kinder. Viele Familien mit Kindern müssen scharf kalkulieren; sie schränken sich ein, beim Essen , bei der Kleidung; ein hoher Prozentsatz verzichtet noch immer auf die Ferien, auf das in der meinungsführenden Schicht übliche abendliche Ausgehen sowieso. Es ist eine für die gehobene Mittelschicht typische Unterstellung, von den breiten Massen anzunehmen, ihr Bedarf sei gedeckt. Doch es gibt auch jenseits des Konsums Bedürfnisse. Wie wenige Beispiele zeigen: Für die Infrastruktur vieler unserer Städte wird nur das Notwendigste getan, Schwimmbäder werden geschlossen; die Klassenstärken in den Schulen werden größer statt kleiner; die Bäche am Oberlauf des Rheins müssten renaturiert werden, wenn man Bonn und Köln vor weiteren Überschwemmungen schützen wollte – um nur einige Beispiele zu nennen. Die Arbeit geht wirklich nicht aus.

Es ist interessant, daß diejenigen, die die These vom zu hohen Produktivitätszuwachs vertreten, häufig auch die These vom Ende des Generationenvertrages propagieren: Was sich aber eigentlich ausschließt. Denn wenn die Produktivität so sehr wächst, daß die Arbeit ausgeht, dann braucht die gleiche Generation nicht zu fürchten, mehr arbeiten zu müssen, um die wachsende Zahl der Rentner zu unterhalten. Mit starken Produktivitätsgewinnen lässt sich die zunehmende Altenlast – wie es so schön heißt – schultern, ohne daß die Jungen auf Zuwächse verzichten müssen. Im Sinne des Soziologen Beck sollte man den Rentnern dankbar dafür sein, daß sie länger leben. So geht den Jungen wenigstens die Arbeit nicht so schnell aus.

Hier zeigt sich der Niedergang der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Debatte besonders klar. Es sind vor allem Nicht-Ökonomen, die sie in den Feuilletons der großen Zeitungen führen, mit Auswirkungen auf die öffentliche Meinung und die praktische Politik:
Das Schreckgespenst Produktivitätszuwachs macht erstens blind dafür, daß gerade Produktivitätsfortschritte die Voraussetzungen für ein hohes Einkommen der Menschen und für die Konkurrenzfähigkeit auf den Weltmärkten sind. Sie sind nämlich tatsächlich einer der Gründe dafür, daß Deutschland bei hohem Lohnniveau dennoch Leistungsbilanzüberschüsse erwirtschaftet, also konkurrenzfähig ist.
Modische Untergangs-Theorien wie die vom „Ende der Arbeit” führen zweitens zu Fatalismus und verleiten dazu, das Selbstverständliche zu unterlassen. Wer auch heute noch für Vollbeschäftigung als ein berechtigtes und notwendiges Ziel der Wirtschaftspolitik eintritt, wird ausgelacht, obwohl dieses Ziel eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Denkfehler Nr. 2

Argumente gegen die „Miesmacher“ des Wirtschaftsstandorts

Es gehörte schon immer zur Strategie konservativer Politik, Ängste zu schüren, um damit rückwärtsgewandte Ziele durchzusetzen. Genauso gehört es zum Handwerkszeug der Wirtschaft, zu jammern, um niedrigere Steuern und niedrigere Löhne durchzusetzen und Arbeitnehmerrechte abzubauen. Allmählich scheint es in der rot-grünen Koalition zu dämmern, daß man mit Angstmache die Wirtschaft nicht in Schwung bringen kann.

Man braucht nicht alles schön zu reden, was in diesem Land geleistet wird, aber besser wird es auch nicht dadurch, daß man alles schlecht redet.

Um mehr Aufklärung in die politische Debatte zu bringen soll in lockerer Folge die “Miesmache“ auf den verschiedensten Politikfeldern mit Nachrichten konfrontiert werden, die ein anderes Bild liefern, als das was uns täglich eingeredet wird, um angebliche “Reformen“ durchzusetzen. Heute zum Thema: “Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist schlecht“.

I. Die Miesmache: Deutschland ist Schlußlicht?

– Im Ausland wie im Inland wird Deutschland immer wieder als der kranke Mann Europas gesehen, unfähig, sich selbst zu heilen gefangen im Reformstau.“ (db-research “Mehr Wachstum für Deutschland“ 20.2.2004)
– „Ist Deutschland noch zu retten?“ (Buchtitel: Hans Werner Sinn, Econ Verlag, München 2003)

– „Lachnummer Deutschland. Bericht zur Lage der Nation“ (SPIEGEL-Titelgeschichte vom 23.2.2004)

– „Europäische Manager geben Deutschland schlechte Noten. Trotz aller Reformanstrengungen haben europäische Führungskräfte erhebliche Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Das ist das Ergebnis des erstmals erhobenen Handelsblatt Business Monitors International, einer repräsentativen Umfrage unter TopManagern in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien im Auftrag des Handelsblatts und der Unternehmensberatung Droege & Comp. … Zugleich fällt das Urteil der deutschen Manager über ihre Standortbedingungen deutlich schlechter aus als das der anderen Führungskräfte über ihr jeweiliges Heimatland. … In Sachen Wettbewerbsfähigkeit hat Deutschland auf einer Notenskala von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht) nur die Note 3,4 bekommen und rangiert damit auf dem letzten Platz. …. Das schlechte Image des Standortes Deutschland und die Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik schlagen allerdings unmittelbar auf die Beschäftigungs und Investitionspläne der Unternehmen durch: Die deutschen Top Manager wollen sich 2004 mit Investitionen und Neueinstellungen deutlich stärker zurückhalten als ihre Kollegen in den drei anderen Ländern. (HB 1./3.1.2004 S. 1)

– “Ein europäischer Nachbar nach dem anderen zieht beim Pro-Kopf-Einkommen an uns vorbei. Deutschland ist der kranke Mann Europas, ist nur noch Schlusslicht beim Wachstum, außerstande, mit seinen Nachbarn mitzuhalten. … Großbritannien, Frankreich und auch eine Reihe kleiner Länder hat uns in den letzten Jahren überholt. Dazu gehören zum Beispiel Finnland, Holland, Österreich und vor allem Irland, der europäische Shooting Star, vor 30 Jahren noch das Armenhaus Europas. … Nun …. schauen die Österreicher von ihren hohen Bergen mitleidsvoll auf uns herab. Das alles ist ziemlich blamabel und gesellt sich zu anderen Hiobsbotschaften hinzu.
Letztes Jahr haben wir mit 3,6% Neuverschuldung die Maastricht Leine gerissen und uns zum Gespött der Länder Europas gemacht. .. Deutschland entwickelt sich allmählich in die Richtung einer Basar Ökonomie, die die Weltmärkte mit den Waren bedient, die wir in unserem osteuropäischen Hinterlane produzieren lassen. … Offenbar entfiel der Löwenanteil des industrieller Produktionswachstums, das unsere Statistiken verzeichnen, auf die Zunahme der ausländischen Vorleistungen, die von der Industrie eingekauft wurden. … Durch das outsourcing bleiben die deutschen Firmen wettbewerbsfähig. Sie können ihre Weltmarktpositionen einigermaßen verteidigen. Was dabei jedoch nicht wettbewerbsfähig bleibt, sind die deutschen Arbeitsplätze. … 4,5 Millionen Deutsche sind nicht mehr wettbewerbsfähig. … Es ist ein Unding, wenn der Staat von der Summe aller Bruttoeinkommen, die in Deutschland verdient werden, bereits mehr als die Hälfte, nämlich genau 57%(1), für seine Zwecke absorbiert. … „DDR Iight“ hat der. Soziologe Arnulf Barning dazu gesagt.“ (H. W. Sinn, Deutsche Rede 2003, Der kranke Mann Europas: Diagnose und Therapie eines Kathedersozialisten)

„Als dringlichste Maßnahmen zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Deutschland fordern die Unternehmen der Umfrage zufolge die Flexibilisierung des Arbeitsrechtes und den Umbau der sozialen Systeme. Auf regionaler Ebene sind insbesondere Maßnahmen zur Beseitigung des Fachkräftemangels dringlich. Dringlich ist auch die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur.“ (DIHK homepage 14. März 2003)

„Die Standort und Wachstumsschwäche Deutschlands hat bedrohliche Ausmaße erreicht. Seit 30 Jahren steigt die Arbeitslosigkeit, und das Wachstum erlahmt. Deutschland wird zur Zeit sukzessive von einem EU Land nach dem anderen überholt.“ (ifio Schnelldienst 2312002 S. 31)

– „Deutschland ist ein Sanierungsfall“, (MP Stoiber in Antwort auf die Regierungserklärung des Bundeskanzlers am 14. März 2003)

– „Niedrige Innovationskraft. In den USA wurden im letzten Jahr 292 Patente pro eine Million Einwohner registriert in Deutschland nur 234. Anstatt deutsches Know how (etwa Patente und Lizenzen) weltweit zu verkaufen, hatten wir einen negativen Saldo von 4,1 Milliarden Euro beim Außenhandel mit geistigem Eigentum. Wir importieren mehr Know how, als wir exportieren! Daher auch Deutschlands relativ schwache Position im Bereich Hightech und Highserve.“ (Roland Berger, Der Wirtschafsstandort Deutschland braucht Reformen, in: DIW die politische Meinung Nr. 393, August 2002 S 12)

– Jedes dritte mittelständische Unternehmen bezeichnet sich als Wackelkandidaten. Studie der BDA, KPMG: Reformdruck in Deutschland steigt. Hundt: „Alarmsignal für den Standort Deutschland“. Unternehmensinsolvenzen und Arbeitslosigkeit erreichen im dritten Jahr der konjunkturellen Flaute Rekordniveau. Das stärkste Wachstumshemmnis sehen die befragten Betriebe in den steigenden Lohnnebenkosten, Marode Sozialsysteme lassen die Beiträge in die Höhe schießen. Fast 2 von 3 Unternehmen halten die finanzielle Belastung durch steigende Lohnnebenkosten für eine „starke Behinderung“ im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz. Weitere Wachstumsbremsen;: zu viel Bürokratie und Verwaltungsaufwand (53%) sowie eine hohe Steuerbelastung (31%). (HB, Journal für den Mittelstand)

Das ist nur eine kleine Auswahl der täglich über uns kommenden Schreckensmeldungen.

II. Man kann die Lage des Wirtschaftsstandortes Deutschland auch so sehen:

– Das Centre for the Study of Living Standards führt in seinem Index des Lebensstandards in OECD-Ländern Deutschland mit 124 Punkten auf Rang 4 (nach Dänemark,. Norwegen und Belgien). Auf Rang 9 mit 116 Punkten GB, USA mit 100 auf Rang 12. Zu diesem an sich nicht gerade schlechten Ergebnis bemerkt aber db research: “Der relativ hohe Lebensstandard könnte den Appetit der Deutschen auf Reformen dämpfen, da sie nur wenig Verbesserungsmöglichkeiten gegenüber dem Status quo sehen“. (db-research,“Mehr Wachstum für Deutschland“ 20.2.2004 S. 4)

– „Grenzüberschreitende Investitionen gingen im vergangenen Jahr weltweit um weitere 21 Prozent von 824 Milliarden auf 651 Milliarden US Dollar zurück, nachdem bereits im Vojahr ein Rückgang um 41 Prozent verzeichnet wurde. Dies geht aus dem aktuellen Foreign Direct Investment (FDI) Confidence Index hervor, den die Top Management-Beratung A.T. Keamey in jedem Jahr auf der Grundlage einer weltweiten Befragung und den Zahlen führender internationaler Organisationen erstellt. Während in den USA ein drastischer Investitionsrückgang um rund 80 Prozent zu verzeichnen war, konnten aufstrebende Volkswirtschaften wir China, Russland, Brasilien und auch die osteuropäischen Lander deutlich zulegen. Deutschland ist unter den EU-Ländern mit 38,1 Milliarden US-Dollar erstmals das attraktivste Ziel internationaler Investoren.“
„Trotz des insgesamt rückläufigen Trends konnte Deutschland seine Investitionen aus
dem Ausland von 33,9 Milliarden um zwölf Prozent auf 38,1 Milliarden US Dollar steigern und liegt nun im globalen Vergleich auf Rang fünf.
„Among financial service investors Germany ranked the 3 rd most
attractive market in the world.“
Entgegen dem herrschenden Eindruck zählt Deutschland nach wie vor zu den attraktivsten Standorten weltweit.“ (Börsenzeitung 18.9.03)
„Die Nachricht passt so überhaupt nicht ins Bild: Deutschland dieses Land der Reformbremser und Kostentreiber soll tatsächlich einer der begehrtesten Investitionsstandorte weltweit sein? Was ist mit den hohen Lohnnebenkosten, die deutsche Unternehmer angeblich scharenweise ins Ausland treiben? Was ist mit der ausufernden Bürokratie, der Mitbestimmung, der Steuerlast? … Es ist wohl das wesentliche Verdienst dieser Kearney Studie, daß sie mit dazu beiträgt, die Gewichte in der öffentlichen Diskussion um den Standort D‘ ein wenig zurecht zu rücken. … sicher gibt es Standortnachteile aber es läßt sich eben auch heute noch Geld verdienen und Arbeitsplätze schaffen am Standort D‘. sonst würden nicht mehr Ausländer in Deutschland investieren als deutsche Firmen ins Ausland verlagern. … Nur die Erfolgreichen sind allzu oft still.“ (Nürnberger Nachrichten 24.9.03) (Hintergrund: Der Foreign Direct Investment (FDI) Confidence Index wird seit 1998 jährlich von A.T Kearneys Global Business Policy Council ermittelt und basiert auf der Befragung von Vorständen und Führungskräften der welt weit 1.000 größten Firmen sowie den Zahlen internationaler Organisationen wie der Weltbank, des internationalen Währungsfonds der OECD etc.)

– „…what is power, and who has it now? The Power Game is one attempt at an answer. It presumes that money and guns are critical but not sole source of national power. Power is also diplornatic influence, moral authority, technological prowess. Using data culled from authoritative sources, Newsweek ranks the top 10 nations in 22 categories and tallies scores on a descending scale … Germany: It won nothing, but scored in all categories. Germany makes enough impact everywhere to rank second.“ (Newsweek Special Davos Edition Issues 2004, Dec. 2003 / Feb. 2004)

– „Deutschland bietet viele Vorteile als Wirtschaftsstandort: Deutschland hat eine vorzügliche Verkehrs?und Telekommunikationsinfrastruktur. Deutschland ist die ideale Basis für Wirtschaftsaktivitäten in ganz Europa, Das Etikett „Made in Germany“ schafft für ein Produkt leichteren Marktzugang, weit über Europa hinaus.“ (Broschüre des DIHK, die bei ausländischen Investoren für den Standort Deutschland wirbt)

– “ … zumal die deutsche Wirtschaft nach wie vor über Stärken verfügt. So haben ihre Produkte ein anhaltend hohes Maß an preislicher und qualitativer Wettbewerbsfähigkeit. Der Weltmarktanteil deutscher Exporte belegt dies deutlich. Auch ist Deutschland ein Land mit einer insgesamt guten Infrastruktur. Analysen der technologischen Leistungsfähigkeit und der Innovationskraft zeigen bei allen Problemen im Detail komparative Vorteile der deutschen Wirtschaft “ (Dt. Bundesbank Monatsbericht 3/2003, 54)

– „Deutsche sind Exportweltmeister“ titeln die Medien. Erstmals seit der deutschen Einheit haben die deutschen Ausfuhren sogar wieder die der viel größeren USA überholt. Keine Spur von einer angeblich schwachen internationalen Wettbewerbsfähigkeit. „Die US Konkurrenz produziert weniger hochwertig, und Japan liefert Massenproduktion, deshalb führt Deutschland in der hochwertigen, maßgeschneiderten Produktion“, so der Experte des Verbands Deutscher Maschinen und Anlagenbau. Damit bricht die Begründung für die angebliche Notwendigkeit von Sozial und Lohnabbau durch die „Agenda 2010“ in sich zusammen. (Ver.di WiPol aktuell 5/2003)

– “Deutschland exportierte im Januar für gut 55 Milliarden Euro Waren, das ist ein Zuwachs von 4,4% im Vergleich zum Vorjahr. (FR vom 11.3.04) “Trotz des Euro-Höhenfluges haben Deutschlands Exporteure im Jahr 2003 zugelegt. Nie wurden mehr Waren ausgeführt und nie war der Außenhandelsüberschuss so groß.“ (FR 31.12.03)

– „Germany’s … infrastructure is superb.“ (Economist 7.12.02 S23 zit. Nach FES-Analyse S. 6 Anm. 10)

– Deutschland hat nach dem Global Information Technology Report 2002 2003 innerhalb eines Jahres einen Sprung vom 17. auf den 10. Rang des Networked Readiness Index (NRI) 2003 geschafft. Beim Thema Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie durch Unternehmen ist die Bundesrepublik die Nummer eins von allen 82 im Index erfassten Staaten bei der Qualität der IT- und KT- Infrastruktur auf dem dritten Platz.
Der Bericht, der zum zweiten Mal veröffentlicht wird, misst die Leistung und den Fortschritt verschiedener Länder im Hinblick auf ihre Informationstechnologie. Besonders berücksichtigt werden dabei die laufende Konsolidierung im Technologiesektor und die großen weltwirtschaftlichen und politischen Veränderungen. Das World Economic Forum hat zusammen mit INSEAD und dem Information for Development Program of the World Bank (infoDev) den Networked Readiness Index (NRI) 2003 veröffentlicht. Dieser Index misst die Fähigkeit der einzelnen Volkswirtschaften, die Vorteile der vemetzten Wirtschaft zu nutzen. (Global Information Technology Report 2002 2003).

– „Der Maschinenbau prägt das deutsche Innovationsgeschehen wie kaum ein anderer Sektor. Er gibt wichtige Impulse an vorgelagerte Branchen und steht in intensivem Austausch mit seinen Kunden aus der Industrie. Damit ist der Maschinenbau eine der Kernbranchen der technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands. Mit seinen 1 Millionen Beschäftigten und 150 Mrd. Euro Umsatz ist er eine der größten Industriebranchen Deutschlands; mit einem Anteil von knapp 20 % sind die deutschen Maschinenbauer Weltmarktführer; mit jährlich über 4000 europäischen Patentanmeldungen führen sie die internationale Rangliste an. Und es gibt in Europa kein Land, das über innovativere Maschinenbauer verfügt als Deutschland. (BMBF 1 Pressemitteilung Nr. 6612002 vom 27.03.2002)

– „Unter Europas Erfindern sind die deutschen derzeit die fleißigsten und erfolgreichsten. 1998 kamen mit 16117 Erfindungen die meisten der europäischen Anmeldungen beim Europäischen Patentamt aus Deutschland. Als quasi inoffizieller Patent Europameister 1998 würde Deutschland auch bei den „Weltmeisterschaften“ einen vorderen Platz belegen. … 1998 meldeten die europäischen Tüftler beim EPA mehr Erfindungen an, als ihre amerikanischen und japanischen Kollegen zusammen. … Insgesamt zählten zu den 20 erfindungsreichsten Konzernen des Jahres 1998 neun deutsche, fünf japanische, vier US amerikanische, ein niederländisches und ein französisches Unternehmen.“ (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Kurz Nachrichten Dienst KND Nr. 55 28.07.99)

– Der aktuelle Bericht des Europäischen Patentamts (2002) zeigt weiterhin Europa mit 48,8% aller Anmeldungen vor den,USA (27,7%) und Japan (18%) gemeinsam. Innerhalb Europas liegt Deutschland mit 21308 Anmeldungen unangefochten an der Spitze vor Frankreich (6804), den Niederlanden (5371) und GB (4858).
Was würden dieStandortkritiker sagen, wenn Deutschland so viele Patentanmeldungen hätte, wie Japan oder die europäischen Nachbarn?

– Infineon Chef Schumacher droht mit dem Umzug in die Schweiz und wettert gegen zu hohe Steuern in Deutschland. In der Standortschelte hat er sich verheddert: Infineon macht Verluste und zahlt praktisch keine Steuern. An den Lohnkosten in Deutschland wiederum etwa in den Chipwerken Dresden und Regensburg hat der Infoneon Chef nichts auszusetzen. (FTD 30.4.03 S.2).

– Der Deutsche PKW Export auf den US Markt zieht an: 1991: 170.000; 1994: 200.000; 1997: 310.000; 1999: 500.000; 2003: 570.000 Fahrzeuge (HB 15.7.2003 S. 1)

– Deutschland ist bei der Produktivität der wichtigsten Kennziffer für die ökonomische Leistungsfähigkeit Weltklasse. Dies zeigt eine aktuelle Studie des USForschungsinstituts Conference Board. In Deutschland wird in einer Arbeitsstunde ein Wert von 39,4 US-Dollar erwirtschaftet. Dieser Wert liegt weit über dem Durchschnitt in der EU und sogar über dem der USA. Er wird nur knapp übertroffen von Frankreich und den Niederlanden. Eine hohe Produktivität bedeutet, daß Firmen mehr und bessere Güter mit der gleichen Menge von Arbeit und Kapital herstellen können. Damit hiervon nicht nur die Gewinne profitieren, müssen auch die Löhne entsprechend steigen: Arbeitsproduktivität 2002: Bruttoinlandsprodukt je Arbeitsstunde in US Dollar (reale Kaufkraft): 41,9 Frankreich, 40,3 Niederlande, 39,4 Deutschland, 38,8 USA, 37,8 Italien, 35,6 EU, 31,7 Großbritannien, 28,4 Japan, 28,0 Spanien (Quelle: US Forschungsinstitut Conference Board 2003 / Wirtschaftspolitik / Nr. 2, Juli 2003 / ver.di Bundesvorstand/Bereich Wirtschaftspolitik /

– „Der Standort ist besser als sein Ruf. daß es Deutschland an internationaler Wettbewerbsfähigkeit fehle, ist ein beliebtes, aber nie bewiesenes, Fehlurteil… Das erste Fehlurteil betrifft die angebliche Exportschwäche… Tatsächlich sind die Ausfuhren bei der letzten Zählung des Statistischen Bundesamtes jedoch schon um satte 8,1% angestiegen. Für 54,3 Milliarden Euro exportierten allein im Mai inländische Firmen in aller Herren Länder. Das zweite Fehlurteil schürt die Angst vor Billiglohnländern. Zweifellos sind viele einfache Fabriken in den 90er Jahren etwa nach Ungarn oder Tschechien abgewandert und ziehen mittlerweile weiter gen Osten, wo die Löhne noch niedriger sind. Aber im Regelfall bleiben sie nur die verlängerte Werkbank deutscher Unternehmen und befruchten damit die hiesige Produktion. So erklärt es sich, daß die angeblich aussterbende Industrie drittes Fehlurteil seit 1996 um 12% gewachsen ist, wie die Notenbank in Rom bitter beklagt. Belobigt wird die globale Schlagkraft der bundesdeutschen Industrie… Mit dem aktuellen Hoffnungsträger der Weltkonjunktur, China, legte der deutschen Export im vergangenen Jahr um sagenhafte 20% zu… Die globale Wettbewerbsfähigkeit scheitert auch nicht an hohen Kosten, wie ein viertes Fehlurteil glauben macht. Je Arbeitsstunde werden hierzulande Produkte für rund 40 Dollar erzeugt, ermittelte ein US Forschungsinstitut deutlich mehr als in den USA, Japan oder im EU Durchschnitt. daß die Konjunktur lahmt, hat vor allem einen Grund: mangelnde Binnennachfrage. Familien und Firmen geben einfach zu wenig Geld aus.“ (die tageszeitung, 17.07.2003, S. 9.)

– “Deutschland behält die Note AAA: S&P bestätigt die Bewertung trotz des Streits um den Stabilitätspakt. Die Bundesrepulik Deutschland ist für die Ratingagentur Standard & Poors weiterhin ein erstklassiger Schuldner. … anders als von manchen Politikern an die Wand gemalt, hat die mehrfache Verletzung der Schuldenobergrenze im Stabilitäts und Wachstumspakt durch Deutschland damit keinen Einfluss auf das Rating gehabt. Auch Moody’s, die zweite große Ratingagentur, bewertet die kurz und langfristigen Verbindlichkeiten der Bundesrepublik weiterhin mit Bestnoten, ebenfalls mit stabilem Ausblick.“ (FAZ 21.1.04 S.21)

Man kann es bei Adam Smith nachlesen, bei Schumpeter oder bei Keynes, egal welcher ökonomischen Denkschule man folgt, für alle ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine prosperierende Wirtschaft, eine optimistische Sicht der Zukunft. Das gilt für die Investoren in gleicher weise wie für die Konsumenten. Gegen diese Grundeinsicht wurde in den letzten Jahren massiv verstoßen. Alles, aber auch alles was Deutschland zu bieten hat wurde schlecht geredet und mies gemacht, vor allem die Politik, der Staat, die Gewerkschaften, die Arbeitnehmer. Man braucht sich also nicht zu wundern, warum sich Investoren und Konsumenten zurückhalten.

1 Achtung: Der Begriff Staatsquote ist nicht abschließend oder gar amtlich definiert. Er findet sich gleichwohl oder deshalb immer häufiger in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur. Gesucht ist ein grobes Maß für den relativen Anteil der staatlichen und staatlich bedingten wirtschaftlichen Aktivität an der wirtschaftlichen Gesamtleistung einer Volkswirtschaft. Ein solches Maß ist die Staatsquote. Sie wird definiert als das Verhältnis der Summe der Haushaltsausgabcn von Bund, Ländern und Gemeinden sowie der gesetzlichen Sozialsysteme zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Gelegentlich wird anstatt des Bruttoinlandsproduktes das Bruttosozialprodukt verwandt. Zeitnahe Daten sind immer nur vorläufig, stabilisieren sich erst nach einigen Jahren. Von Zeit zu Zeit ändern sich auch die Buchungsmethoden. Insofern weichen die Angaben zur Staatsquote imm wieder von einander ab.

Okt. 2006 | Wirtschaft | Kommentieren